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The Oracular Illusion

Künstler*in(nen)
Elodie Lesourd
Kurator*in(nen)
Kevin Muhlen

Momente der Begegnung zwischen Kunst und Musik erfassen, die Mythen des Rocks bzw. des Underground interpretieren und ihre Codes und Symbole manipulieren: So ließe sich das Leitmotiv beschreiben, das Werk und Ausstellung von Elodie Lesourd (1978*; lebt und arbeitet in Paris) durchzieht.

Durch das Wechselspiel zwischen Kunst und Musik gelingt es Elodie Lesourd, im Zentrum ihres zweiteiligen Werkes ontologische wie ästhetische Fragen zu diesen beiden Disziplinen aufzuwerfen. Zum einen bedient sie sich dabei eines eher neokonzeptuellen Ansatzes, einer Methode, mit der die Künstlerin die Bezüge der Kultur des Rock unter kunstgeschichtlichen Gesichtspunkten oder auch mittels semiotischer Anspielungen analysiert. Mal verbindet sie dabei die Eckpunkte der Logos norwegischer Black-Metal-Gruppen so miteinander, dass dadurch die Form eines mystischen Pentagramms zum Vorschein kommt, mal interpretiert sie das abstrakte Design des Albumcovers einer Kultband neu oder geht im Geiste des im Punk gebräuchlichen Do-it-yourself-Prinzips vor, indem sie die die Insignien des Musikstils umgestaltet (zum Beispiel in Form ihres Logos beraubter Band-T-Shirts oder aus Plektren zusammengesetzter Flaggen). Auf der anderen Seite hat Elodie Lesourd mit dem Hyperrockalismus ein ganz eigenes Konzept geschaffen: In der hyperrealistischen Reproduktion der Fotografien von Installationen anderer Künstler, in denen es ebenfalls um Rockmusik geht, bildet die Künstlerin alle fotografischen Details freihändig im Maßstab eins zu eins ab.

Auf den ersten Blick scheint zwischen diesen beiden Ansätzen keine Verbindung zu bestehen, steht der Hyperrockalismus mit seinen leuchtenden Farben und seiner verführerischen Ästhetik doch im starken Kontrast zur Abstraktion und reduzierten Farbgebung seines eher semiotischen Gegenstücks. Für das Casino Luxembourg hat Elodie Lesourd einen atmosphärischen Rundgang durch dieses zweigeteilte und dennoch miteinander in Verbindung stehende Universum gestaltet, bei dem die Zusammenhänge zwischen dem Musikalischen und dem Visuellen sich nach und nach offenbaren oder aber dem Blick entziehen, so, als wollten sie sich dadurch mehr Gehör verschaffen.

Trotz einer gewissen protokollarischen Strenge bewegt sich die Künstlerin frei inmitten der Bilder ihrer Hyperrockalismus-Reihe, die Auftakt und Schlusspunkt der Ausstellung bilden - eine Freiheit, die dennoch relativ ist, da sie sich auf die Auswahl der jeweiligen Fotografie beschränkt. Die vollständige Wiedergabe, Fragmentierung oder auch das Verschwinden des Originals - je nach Blickwinkel des jeweiligen Fotografen - sind weitere Optionen, die von Elodie Lesourd bildlich übertragen werden. Mit dieser Geste wird die Souveränität des Urhebers und zugleich der Status des Werkes und seine Archivierung in Frage gestellt.

Im Verlauf der Ausstellung breiten sich die Arbeiten jenseits des ihnen zugewiesenen Rahmens als veritable Komposition in den Räumen des Casino Luxembourg aus. Eine von Sol Lewitts wall drawings inspirierte Wandzeichnung dient als Tablatur für mehrere, wie Noten darin eingeschriebene Arbeiten, und mündet schließlich in einen neuen Verweis auf Frank Stella. Etwas weiter werden zwei einander gegenüberliegende hyperrockalistische Gemälde über monochrome Farbflächen an der jeweiligen Wand fortgeführt, um sich dann in einer gemeinsamen farblichen Schattierung auf der dazwischenliegenden Wand zu treffen; ein Spiel mit dem Kräfteverhältnis zwischen dem Werk und seinem Träger, zwischen der Farbe und dem dargestellten Sujet. Im Folgenden wird die Sicht durch schwarze Lederriemen behindert, die dem Besucher einen bestimmten Weg vorgeben. Sie bilden ein komplexes Netz, das auch als Mise en Abyme der visuellen und konzeptuellen Anspielungen und Verweise in der Ausstellung von Élodie Lesourd verstanden werden kann.

Die Ausstellung lässt uns nicht nur Musik sehen oder in den Titeln der Werke erkennen, sondern ist darüber hinaus durchsetzt mit gespenstischen Phänomenen wie den ghost tracks, ähnlich der Musikstücke, die sich häufig am Ende eines Albums nach ein paar Minuten Stille finden lassen. Damit bewegt sie sich in einem reichhaltigen Spannungsfeld an Referenzen von der Philosophie über die Vorstellung des Heiligen bis zum Mystizismus, von der Populärkultur bis zur Abstraktion und umgekehrt.

Bibliografie

Berland, Alain, « Entretien / Blind test pop rock avec Elodie Lesourd et Arnaud Maguet », in Particules, n°21, octobre/novembre 2006, p. 14-15. Blanpied, Julien, « D'après », in Hors d'œuvre ‘'When rock gets up your nose !'', n°27, avril - septembre 2011, p. 3.

Lesourd, Elodie, « LE BAPTÊME OU LA MORT. LE BLACK METAL DANS L'ART CONTEMPORAIN, NAISSANCE D'UNE NOUVELLE CATÉGORIE ESTHÉTIQUE », Helvete, Punctum Books, NY, 2013. PDF à télécharger en bas de page.

Judd, Jason, « Black Metal », in Bite, n°4, Summer, 2012, p. 8-17.

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